Date: Fri, 14 Jul 2000 03:58:38 +0200 (METDST) From: Iliya Nickelt-Czycykowski To: interpol / vov.de Subject: ICANN 1: NCDNHC Lieber VOV, wie Roland schon bekanntgegeben hat, wollten wir versuchen, Mitglied bei der NCDNHC (Non commercial domain name holders constituency) zu werden. Dabei handelt es sich um eine bunte gemischte Gruppe von NGOs und anderen Organisationen, die die nicht-kommerziellen Interessen in einem der ICANN-subgremien, der DNSO vertreten (www.icann.org liefert mehr darueber, wenn auch manchmal etwas versteckt). Politische Interessen fallen im Prinzip auch darunter, daher ist es eine interessante Gruppe fuer den VOV. Leider gibt es auch Mitglieder, die "govermental institutions such as parties" (!!!) nicht akzeptieren wollen. Da die NCDNHC sich im Vorfeld der ICANN-Tagung trifft, hatte ich gestern einige Minuten Zeit um darzustellen, dass der VOV juristisch recht lose an die Partei geknuepft ist und ausserdem Parteien keineswegs Regierungsinstitutionen sind, das ist wohl nicht ueberall auf der Welt verstaendlich. Sie werden jetzt ihre Bylaws nocheinmal leicht aendern und uns danach (aller voraussicht nach) als Mitglied aufnehmen. ICANN ist die Dachorganistation fuer drei wesentliche Subgremien (und eine Reihe weiterer): - DNSO (Domain name supporting organisation) entscheidet ueber Domain namen (jetzt gerade neue Top-level-domains wie .firm) - ASO (Adress supporting organisation) kuemmert sich um die ip-adressen (im Moment nicht so spektakulaer), besteht aus RIPE, ARIN und APNIC - PSO (Protokoll supporting organisation) entscheidet ueber technische STandands und besteht aus IETF, W3C, ITU-T und ETSI Die DNSO setzt sich zur Zeit zusammen aus den ccTLD, gTLD und sonstigen Registraren (country code und generic Top level domains), den commerziellen "entities", den ISPs und den Waechtern ueber "trademarks and other interlectual property interests". Das Gegengewicht zu diesen geballten komerziellen Interessen bildet lediglich die erwaehnte NCDNHC. Da die DNSO-Entscheidungen die GRundlage fuer ICANNs Politik in Bezug auf neue Domainnamen bilden, wird allein aus den Mengenverhaeltnissen klar, dass gTLDs wie ".firm" auf der Liste weit vor so etwas wie ".union" stehen. [bis hier 14 veschiedene Akronyme] Anwesend waren so ca. 30-50 Vertreter verschiedener Organisationen von den einigen Hundert Mitgliedern, wie Internet Governance Projekt, Consumer Projekt on Technology, Center for Democracy and Technology,..., etwa zur Helfte aus den USA, aus denen aber fast alle Resolutionsvorschlaege kamen, auch ein gewisses Ungleichgewicht) Nachdem ich erklaert hatte, dass der VOV keineswegs ein Versuch der deutschen REgierung ist, die DNSO zu beeinflussen und die ARbeit des VOV kurz vorgestellt habe, herrschte eigentlich allgemeiner Konsens, den VOV aufzunehmen, vielleicht mit ein oder zwei unzufriedenen Mienen aus dem US-Lager. Da ich aber dem VOV den NCDNHC und seine Themen ersteinmal vorstellen wollte und auch weil ich gebeten wurde, die "bylaws"-aenderung abzuwarten, habe ich an Abstimmungen nicht teilgenommen. Im wesentlichen lief die Konferenz so ab, dass die vorgelegten resolutionen diskutiert und modifiziert wurden, bis mehr oder weniger jede Meinung beruecksichtigt wurde, und dann einstimmig oder vielleicht mit einigen Enthaltungen angenommen wurde. Folgende Resolutionen wurden verabschiedet: - Funding die Mitgliedschaft im NCDNHC (ab jetzt NC) ist umsonst, die DNSO verlangt aber von ihren Mitliedern jetzt $190.000 fuer ein Buero in PAris, vom NC $5000 fuer 99 und $15000 fuer 2000. Das GEld soll durch freiwillige Zahlungen aufgebracht werden (die US-Mitglieder sind da wohl etwas fluessiger, beim VOV stellt sich de Frage ja eh nicht). Natuerlich bestand unzufrieenheit daruber, das unklar war, wofuer das Geld ausgegeben wurde. - resolutions resolution Immer gerne gesehen: Diskussionen ueber Diskussionsformen. Bekannt? :-) Jedenfalls wurde beschlossen, dass Resolutionen, ueber die Diskutiert werden soll, in Zukunft 5-10 Tage vorher ueber den Mailverteiler der NCDNHC (bis zu 150 Mails pro Tag) verschickt werden sollen. - .union Kurzer Beschluss, dass die neuen gTLDs auch nicht-kommerzielle Namen wie .union oder .museum einschliessen sollen - Working group C Die DNSO hatte verschiene ARbeitsgruppen zu Themen eingesetzt. Die Ergebnisse der sehr kontroversen AG C wurden vom Names Council weitgehend ingnoriert. Der Names Council wurde aufgefordert, zumindest das einzige anerkannte ERgebnis, dass es 6-10 neue gTLDs geben sollte, anzuerkennen und an ICANN weiterzugeben. - ICANN @ Large direktoren Die Haelfte der ICANN-Direktoren soll demnaechst in demokratischer Wahl bestimmt werden (die andere Haelfte wird von den oben erwaehnten Organisationen gestellt). Nun wurde bekannt, dass nicht sicher ist, dass diese neun Positionen nach Ablauf der 2-jaehrigen Wahlperiode wieder neu besetzt (also von @large members gewaehlt werden). DIese ziemlich spektakulaere Absicht wurde verurteilt (und wird wohl auch kaum chancen haben, auch wenn die juristishce Situatuion ueber die Konsequenzen aus der Kairo-Konferenz nicht ganz klar ist) -Trademark protection Waehrend Markenschutz im prinzip anerkannt wurde, gab es zwei REsolutionen darueber, dass dieser nicht so weit gehen darf, dass jede Verwendung des Markennamens auch in eindeutiger nicht-kommerzieller Verwendung (etwas microsoft-sucks.org) ausgeschlossen wird. AUsserdem wurde ICANN aufgefordert die Macht des UDRP (universal dispute resoution, eine art interenationalles appelationsgericht gegen Cybersquatter) nicht ueber die regionale Gesetze zu stellen (was ICANN meiner Meinung nach nicht vor hat). So weit ueber den Tag gestern. Heute ist die Aussprache im Names Council, wo diese Themen noch einmal mit den anderen Unterorganisationen diskutiert werden, die sicher etwas andere Ansichten haben ("um die Dinge mal voranzubringen" wie einer der Vertreter gestern sagte). DAs laeuft bereits seit knapp 2h. BItte entschuldigt das manchmal etwas wirre SChriftbild und die vielen Abkuerzungen, aber hier ist eine lange Schlange vor den Terminals und meine Telnet-verbindung bricht dauernd zusammen (gluecklicherweise kommt pine damit klar). Ausserdem ist die Tastatur japanisch, und das schrumpfen Shift- und Space-Taste auf die Groesse einer normalen Taste. DAfuer gibt es seltsame Tasten, die noch seltsamere Bedeutungen haben. Ich hoffe, ihr fandet es trotzdem interessant und bis morgen, --iliya -- ICANN - now you can, too! http://members.icann.org Date: Sun, 16 Jul 2000 02:26:17 +0200 (METDST) From: Iliya Nickelt-Czycykowski To: interpol / vov.de Subject: ICANN 2 : DNSO - Dunkle Wolken am Horizont Lieber VOV, vorgestern (14.7.) tagte das DNSO General Assembly (wo jeder real oder per Internet anwesende Kommentare abgeben kann) und danach der Names Council, das Obergremium der Constituencies, aus denen sich die DNSO (Domain name server organisation) zusammensetzt. Zunaechst brachten die Constituencies, darunter auch die "Non commercial domain name holders", ihre Statements vor. Es gab diverse Stimmen fuer die Einrichtung neuer TLD (top level domains) (von NGOs) und dagegen (von Wirtschaftsseite), mit Hinweis auf die Moeglichkeiten der freien Meinungsaussrung (=pro) bzw. auf moegliche "Instabilitaeten" (=contra). Es gab zwei motions: 1. Es soll eine achte (?) constituency in der DNSO geben, in der sich individuals als domain name holders sich organisieren koennen. Dazu soll eine Arbeitsgruppe (F) eingerichtet werden, dieses Vorhaben untersucht. (grosse zustimmung) 2. Diese Constituency wurde in einer zweiten motion nochmal gefordert, in etwas deutlicherer Form, die daher auch nicht so viele Stimmen fand. Weiterhin wurde ein Komitee fuer Agenda-Probleme und das allgemeine Procedere diskutiert. In der Nachmittags-session tagte oeffentlich der 'names council', ein Rat aus Vertretern der constituencies, der gemeinsame Beschluesse faellt und an ICANN (das 'board of directors') weiterleitet. Hier berichtete zunaechst der ICANN staff ueber seine Arbeit fuer das DNSO. Icann staff besteht aus 10 Vollzeit und 2 Teilzeit-beschaeftigten und ist daher in gewisser Weise in seiner Arbeit beschraenkt. Ueber die anstehende Erweiterung der Domains gab es ca. 1300 oeffentliche Bemerkungen ueber die ICANN website. Die Beziehungen zu den country-code-TLDs werden von den ausstehenden Zahlungen der ccTDL an ICANN ueberschattet (diese weigern sich wegen der ungeklaerten Vertragsverhaeltnisse). Es folte eine laengere Diskussion ueber Finanzverhaeltnisse des DNSO, der hoehere Beitraege von sienen Mitgliedern erheben moechte, um die Arbeit zu professionalisieren. DIes ist natuerlich insbesondere fuer die Nicht-kommerzielle Constituency ein Problem, wie der Name impliziert. Die DNSO wird eine Arbeitsgruppe einrichten, die die Arbeit der DNSO untersucht und Verbesserungsvorschlaege macht. Nach den Berichten beschlossder council zunaechst die wahlperiode fuer den naechsten Direktor, den die DNSO an das ICANN board of directors entsenden (einer vond drei fuer die DNSO). Es wurde Kritik an der mangelnden Kommunikation der constituencies untereinander geaeussert (was im wesentlichen auf die stark untereschiedlichen Interessen zurueckzufuehren ist). Zur Verbesserung wurde (von ISP-Seite) auf einzustellende Angestellte verwiesen. Kurz wurde ueber die Einrichtung einer Task Force dazu diskutiert. Es folgte einige diskussion ueber austehende Beitraege, einige constituencies haben nichts oder sehr wenig an die DNSO gezahlt (verwaltungstechnische Gruende?). Im Prinzip besteht die Absicht, zu zahlen. Die (immer recht fluessigen) registrars boten die Zahlung von US$ 100K an, um die Einrichtung eines Angestellten voranzutreiben. (je groesser deren Zahl wird, umso haerter wird es natuerlich fuer die nicht so reichen constituencies, ihre Stimme zu verteidigen.) Es folgten Berichte der Working Groups der DNSO: WG D arbeitet und wird demnaechst Bericht erstatten. WG E versucht (wie die Membership implementation task force) den Bekanntheitsgrad von ICANN und dem @large membership zu erhoehen (wurde vor ICANNs task forces eingerichtet und ist sozusagen ein Uebrigbleibsel). Dazu wurden Orientierungs-Workshops, Webseiten und Drittmedien vorgeschlagen (dh. Videos, Broschueren) sowie in mehereren Sprachen. Die Arbeitsgruppe E bestand uebrigens aus etwa vier (4) aktiven Mitgliedern. Es wurde auch angesprochen, dass @Large sich nach anderen gemeinnuetzigen Geldquellen als vorrangig US Stiftungen umsehen sollte, da die Oeffentlichkeitsarbeit grosse Summen verschlingen kann. Die kostenlose Wahl wird zur Zeit durch das Sponsorship der demokratiefoerdenden Markle Foundation sichergestellt, die unter anderem auch meine Anwesenheit mit finanziert. Die Finanzierung des @large Programmes ist ab 2001 uebrigens voellig offen. Es gab dabei eine kurze Diskussion, wie man die Oeffentlichkeitsarbeit von ICANN verbessern koennte, hierbei wurde das deutsche Beispiel der Spiegel-Online (und Heise und Sueddeutsche etc.) kurz erwaehnt. (Uebrigens ist Japan in kuerzester Zeit vorbeigezogen mit 15.000 Mitgliedern, liegt auch weit vor USA). Kurz angesprochen wurde das Problem der unterentwickelten Laender (wobei im Wesentlichen wie ueblich gute Absichten geaeussert wurden). Die Einfuehrung einer Task Force wurde diskutiert, mit der eine geographische Streuung und die Mitgliedschaft insbesonderers der Drittwelt-Laender gefoerdert werden koennte. Von den ISPs kam dann ganz am Ende der ueberraschende Antrag (ganz offensichtlich ohne uebliche Ankuendigung ueber interne Mailinglisten etc.), dass der council ICANN auffordern moege, keine neuen Domains einzufuehren (.firm, .bank etc.) bevor der council sich mit diesem Problem befasst. Dieser Vorschlag (zuerst noch schaerfer formuliert) wurde aeussert kontrovers diskutiert: Zum einen die verzoegerte, ueberraschende Form, ausserdem natuerlich der Inhalt. Einziger Hintergrund der bei aller Objektivitaet meines Erachtens dafuer in Frage kommt ist die Erhaltung des Quasi-Monopols von .com, das allen daran beteiligten, zuforderst NSI (Network Solutions Incorporated) jeden Tag bares Geld einbringt, den es aufrecht erhalten wird. NSI und Co. versuchen offenbar eine bisher gut funktionierende Hinhaltetaktik. Der Vorschlag wurde dann durch eine grosse Zahl von Enthaltungen abgelehnt. Dann kam es zu einem kleine Eklat: Der Leiter der Arbeitsgruppe C wollte vom council erfahren, warum das einzige Ergebnis der sonst sehr zerstrittenen Arbeitsgruppe ignoriert worden war, naemlich dass demnaechst 6-10 neue TDLs auf einmal eingefuehrt werden sollen (und danach die Konsequenzen vor weiteren Einfuehrungen untersucht werden sollten). Der Vorsitzende gab darauf lediglich zurueck, dass er nicht gezwungen sei zu antworten. Hintergrund hier ist vermutlich folgender: Es werden in der ersten Stufe weniger gTDLs eingefuehrt werden, hinter den Kulissen werden 3 gehandelt (NSI haette gerne 0). Diese werden vermutlich ausschliesslich kommerziell sein. ICANN ist aber angehalten, sich an die Empfehlungen seiner Unterorganisationen zu halten (die DNSO ist im Fall TDL von den dreien massgeblich). Wenn allerdings der council als Entscheidungsgremium das Ergebnis der Arbeitsgruppe zurueckhaelt, dann kann sich ICANN zuruecklehnen und hat freie Hand bei der Entscheidung. Man sieht hier, dass es mit der "open structure" nicht so weit her ist, wie man wuenschen wuerde. Ansonsten gehen aber die meisten davon aus, dass die Zahl der gTDLs sehr stark ansteigen wird, wenn der Damm in 1-2 Jarhen ersteinmal gebrochen ist, unter Umstaenden werden die von Jon Postell (dem Uebervater von ICANN) vor seinem Tod geforderten 150 gTDLs sogar ueberschritten werden. Am Abend fand dann ein Treffen der Civil Society statt, ausgerufen als 'Empfang', in Wirklichkeit aber ein Vorbereitungstreffen fuer den folgenden Tag, an dem das ICANN Board of directors (das eigentliche Entscheidungsgremium von ICANN) Kommentare der Oeffentlichkeit entgegennimmt. Hier sollten moegliche Fragen vorformuliert werden, wofuer man mit Sandwiches gekoedert wurde. Somit also eine NGO Lobby-Veranstaltung (die sich mit vermutlich gleichzeitig stattfindenden Veranstaltungen der Commerce-Sektion darin unterschied, dass man zu denen nicht offen eingeladen wurde und das das Essen dort sicher besser war). Anwesend waren etwa 40 Leute. Hier wurden die beiden wesentlichen Probleme dieses ICANN-Treffens noch einmal formuliert: 1. Die langsame Einfuehrung neuer TLD (3? 6-10? 150?) und 2. die vorgeschlagene Aenderung der ICANN-Satzung. Hierzu wieder laengere Erlaueterungen: Es dabei um die Zahl der Direktoren, die vom @large Programm gewaehlt werden sollen. Bisher soll das ICANN Board of Directors so aussehen: 3+3+3 Direktoren werden bereits jetzt von den supporting organisations gestellt (also DNSO, ASO, PSO) und 9 sollen von den @large- Mitgliedern direkt gewaehlt werden. Diese Positionen sind zur Zeit noch von "alten" Direktoren besetzt, deren Zeit auslaeuft. Von den 9 "@large" werden fuenf am 1.-10. Oktober verteilt nach Laendergruppen (Nordamerika, Suedamerika und Karibik, Europa, Afrika, Asien-Pazifik) aufgestellt und 4 spaeter nach anderem System, z. B. ohne weitere Einschraenkungen direkt. Zwischendrin gibt es noch eine Studie ueber die Wahl mit Bewertung. Jetzt haben die ICANN-Angestellten ("the staff", hierbei in erster Linie Andrew McLaughin) juristisch sehr verklausulierte Aenderungen vorgeschlagen, die darauf hinauslaufen, dass die Besetzung der 4 Direktoren der zweiten Welle verzoegert wird und erst nach der Studie entschieden werden soll, ob diese Direktoren ueberhaupt jemals offen gewaehlt werden sollen. So lange will man bestehende Direktoren bitten, weiter dabeizubleiben (die den Titel '@large-Direktoren' dann aber nicht wirklich zu Recht tragen.) HIntergrund ist offenbar die Abneigung des Boards gegenueber einer demokratischen Wahl ('Wer weiss, was fuer Verrueckte wir da bekommen'). Die Idee einer Wahl war ICANN von der Clinton-Administration ins Handbuch geschrieben worden und kam nicht von den in erster Linie technisch orientierten Board-Kandidaten. Uebrigens: Eine entscheidene 19. Stimme hat immer der ICANN president als qua-amt-Direktor, also der Geschaeftsfuehrer dieser gemeinnuetzigen Firma. Waehrend die Anwesenden am Meeting gerne diskutierten, war die Bereitschaft, dann auch Fragen zu formulieren, eher gering (wie aber im 3. Bericht stehen wird, gab es dann doch eine ganze Reihe). So weit erstmal vom zweiten ICANN-Tag von --iliya - -- ICANN - now you can, too! http://members.icann.org Date: Mon, 17 Jul 2000 06:08:29 +0200 (METDST) From: Iliya Nickelt-Czycykowski To: interpol / vov.de Subject: ICANN 3: Open Board - Oeffentliches Gewitter Am dritten Tag, dem 16. Juli, traf sich das ICANN Board of directors um sich Berichte der Organisationen und Mitarbeiter anzuhoeren und Vorhaben mit der Oeffentlichkeit zu diskutieren. Hierbei koennen Fragen per Mikrofon oder per Internet gestellt werden (es kamen ueber den Tag vielleicht 15 Fragen uebers Netz herein, kein ueberragendes Ergebnis, dafuer waren die meist sehr kompetent.) Im Saal waren etwa 200 Personen anwesend. 1. Neue Top-Level-Domains Zunaechst gab es diverse Berichte. Die constitutencies der DNSO brachten ihre Auffassungen zum Ausdruck: Die Business registrars wollen neue TLD's, auch solche, die beschraenkt werden (z. B. .museum nur an Museen). Alle neuen TLD sollen fuer alle Registrare offen sein NCDNHC war besorgt ueber die Restriktionen bei der Wahl einer Domain durch Markenschutz und die kuenstliche Einschraenkung von TLDs. ISP's empfanden den Zeitplan, den sich ICANN zur Einfuehrung gesetzt hat, als zu knapp in Hinblick darauf, dass die Stabilitaet des Netzes gewaehrleistet werden muesse (ich hatte gestern erwaehnt das in bestimmten Haenden jeder Tag mit .com-Monopol bares Geld ist). Es gab dann eine Diskussion, worin diese "Chimaere" der befuerchteten Instabilitaet bestehen koennte, immerhin wurden in den vergangenen Jahren mehrere ccTLD (Laender-Domains) eingefuehrt, ohne dass Probleme aufgetreten sind. Aus dem Internet wurde auf einen Test von Cisco verwiesen, in dem sehr viele neue TLD auf einem Test-Server eingefuehrt wurden, ohne dass Probleme auftraten. Nun, die ISPs konnten hier -wen wunderts- auch nicht konkreter werden. Immer wieder angefuehrt wurde lediglich das "Goldrush"-Problem, also wie man der Moeglichkeit begegnen koenne, dass einige grosse Registrars in grossem Stil Domains der neuen TDLs fuer ihre Kunden aquirieren (z. B. alle englischen Woerter + .web). Trotzdem bestanden sie darauf, dass die nTLD nur einzeln einzufuehren waehren. 2. President Report Ein relativ langweiliger Bericht ueber die Zahl der Aufgaben, die die US Department of Commerce ICANN gestellt hat und wie der Status der Erledigung ist. Berichtet wurde auch ueber das (oeffentlich einsehbare) Budget von ICANN und die Buchpruefung. 3. Root Server Advisory Comittee Ein konfuser, technischer Bericht ueber die Einfuehrung eines 'primary Root servers', scheinbar will man vom 'a to m' root server-System uebergehen zu einen hierarchischen, wo einer tatsaechlich ueber den anderen steht und nicht alle auf einer Stufe (wobei sie freilich auf einen verweisen). Der primary root server ist dann nicht vom Internet aus zugaenglich. Die Zahl der root name server (z. Zt. 13: 9 USA, 2 Europa, 2 Asien) soll wohl auch nochmal ueberdacht werden. Andere Themen, die demnaechst ausfuehrlicher behandelt werden sollen, sind neue Finanzquellen (wie ueberall bei ICANN), das IP-Protokoll v6, die mehrsprachigen TLDs (auch ueber ASCII hinaus) und stabilitaetsprobleme (backup-server usw.) 4. Address supporting organisation Keine wesentlichen Ergebnisse, die mir aufgefallen waeren. 5. US Department of Commerce Man plant nicht, ICANN weitere Aufgaben zu stellen. Unklar blieb mir, ob das DoC nun den A-Root-Server nun physikalisch rausruecken (bzw. umleiten) will oder nicht. Bisher liegt nur die technische (fern-)Verwaltung in den Haenden von ICANN. 6. Government advisory comittee communique Hat nur die USA Einfluss auf ICANN? Nein, es gibt ja noch das 'GAC' Or is it? Das GAC, zu dem jedes Land einen Vertreter entsenden darf (ca. 30 waren da), darf ICANN Empfehlungen ausstellen, aber ICANN muss sich nicht daran halten (im Unterschied zum vertraglich massgeblichen Handelsministerium). Das GAC sollte eingentlich am 14. berichten, aber die Berichterstattung fand dann schliesslich am 15. um Mittag statt, was einiges ueber die Homogenitaet des Gremiums sagt (es herrscht Konsensprinzip). Entsprechend waren die Ergebnisse: - bezueglich der ausstehenden Zahlungen der ccTLDs (und damit verbunden der ungeklaerten Machtverhaeltnisfrage ueber die ccTLDs) wurden ICANN aufgefordert, Prozeduren zu entwickeln, ueber die die Bezahlung gewaehrleistet werden sollte. - zu den neuen TLD gab es keinen Konsens - zu den geographischen Regionen wurde ICANN aufgefordert, eine feste Referenz zu waehlen und dabei zu bleiben, welche auch immer es dann sei. Hierbei geht es um die Frage, wie die Grenzen der 5 Regionen, aus denen je ein @large-Direktor gewaehlt werden soll, zu ziehen sind. Speziell der Nahe Osten wird in Afrika und Asien getrennt. Es bleibt zu bemerken, dass die Ergebnisse des GAC trotz verdoppelter Tagungszeit nicht besonders gross waren. Das ist ein Argument fuer die Entscheidung, ICANN unabhaengig zu lassen und nicht zu einer UN-Organisation zu machen. So etwas wie @Large waere dann wohl auch nicht entstanden. Ich persoenlich denke, dass man ICANN in vielleicht 10 Jahren der UN angliedern sollte, wenn der Dampf ein bisschen aus der Entwicklung raus ist. In der nachfolgenden Diskussion gab der GAC-Vertreter aus Australien seine persoenliche Meinung preis. Er sieht zwei moegliche Wege fuer ICANN: In Richtung auf eine internationale Vereinigung von kommerziellen Interessen oder in eine Vertretung der Interessen der Internet-Nutzer. Er sieht ICANN an einem Schluesselpunkt angekommen (bzw. also in ziemlicher Gefahr). Im uebrigen gab er bekannt, dass er in der naechsten Woche von seinen australischen Beamten-Positionen zuruecktreten werde, allerdings wird er wohl weiter die australische Vertretung speziell fuer das ICANN-GAC uebernehmen. Er stellt sozusagen den ersten "Botschafter" fuer ICANN dar (und musste sich den ganzen Abend mit "his excellency" anreden lassen) 7. Domain name supporting organisation (wurde nachmittags nachgereicht.) Hier wurden im wesentlichen die Punkte vorgestellt, ueber die ich im 'ICANN 2' ausfuehrlich berichtet habe. 8. @Large Membership Es begann mit einem Bericht des zustaendigen ICANN-Mitarbeiters, Andrew McLaughin, ueber den Status des @Large-Wahlprozesses. Der vorgeschlagene Zeitplan sieht wie folgt aus (jew. bis einschliesslich): 31. Juli Ende des Anmeldeprozesses als @Large member 31. August Vorwahl unter den Kandidaten 31. Juli Nominierungskomitee stellt Kandidaten vor 31. August Nominierung durch Mitglieder (via Unterstuetzungsstimmen) 30. September Information der Waehler 1.-10. Oktober Wahl Das Nominierungskomittee von ICANN hat bisher 167 Bewerber, unter denen es eine Vorauswahl von einigen (s. u.) pro geographisches Gebiet treffen wird. Die Bewerbungsform und Nominierungsregeln wurden im wesentlichen akzeptiert bis auf die Bedingung, dass ein Bewerber 10% der Stimmen seiner geographischen Region erhalten muss, um in Betracht zu kommen, da dies eigentlich nur die groessten Laendern der jew. Region leicht faellt (Japan, USA, Deutschland). Es gab noch einige Diskussion ueber die Moeglichkeit eines Rueckzuges aus der Bewerbung, dass August ein schlechter Termin fuer die Vorwahl sei (Ferien) und ueber das Problem, das man nur fuer das Land (bzw. in der Region) nominiert werden kann, dessen Staatsbuergerschaft man hat, nicht das, in dem man lebt. Aus technischen Gruenden, also damit die ICANN-Mitarbeiter die Kandidaten betreuen koennen, bat Andrew McLaughin darum, die absolute Zahl von Kandidaten auf 35 (!!) zu beschraenken. Da von diesen etwa die Haelfte vom Nominierungskomittee ausgesucht werden, bedeutet das 3-4 Kandidaten pro Region (nicht Land!) die von Mitgliedern nominiert wurden und die Vorwahlrunde ueberstehen koennen (dh. nach denen die Linie gezogen wird), also nicht gerade viele. Hier ist wohl definitiv ein Aufstocken des Etats und der Angestellten fuer ICANN noetig. Es wurde aus dem Podium dann eifrig diskutiert: Was passiert nach dem 31. Juli (Antwort: Wer bis dahin nicht Waehler ist, wird es in den naechsten ca. 2 Jahren auch nicht werden, da erst die Analyse der ersten Wahl vor einer naechsten abgewartet wird. Inoffiziell war aber zu erfahren, dass man irgendwann nach der Wahl vermutlich die @large anmeldungen wieder akzeptieren wird. ICANN hat einfach zu wenig Leute um alles gleichzeitig zu machen.) Ab welcher Unterstuetzung soll ein Kandidat die Endrunde erreichen? 10% der Waehler der Region? 2%? Und warum ueberhaupt, wenn danach doch nur die ersten 3-4 weiterkommen? Oder reichen 50 absolute Unterstuetzer? Es wurde angesprochen, ob von den Waehlern ein Unkostenbeitrag verlangt werden soll, wie es mit Mehrsprachigkeit aussehen wuerde und ob die Anteilmoeglichkeiten der @Large-Mitglieder ausgedehnt werden sollten. Es folgte die Fortsetzung des Berichtes. Es gibt 4,5 Bewerbungen, das Wahlprogramm zu stellen. Das Verfahren wird vermutlich outgesourced (bitte jetzt keine Sprachdebatte) werden. Es folgte die Debatte ueber die gestern beschriebenen Plaene zur Aenderung der ICANN-Satzung. Dabei geht es um die Interpretation der Ergebnisse des Kairo-Meetings. Der Staff schlaegt Aenderungen vor, die die absolute Zahl der @Large-Direktoren offen laesst, auf jeden Fall auf 5 reduziert, wenn die Wahlperiode der zur Zeit durch Inzucht festgelegten Direktoren auf @Large-Sitzen auslaueft (Inzucht= Das Board hat seine neuen Mitglieder selbst gewaehlt). Nach der Wahl soll eine umfangreiche Studie des Prozesses angestrengt werden, und je nach deren Ausgang soll das Board dann die entgueltige Zahl der durch Wahl bestimmten Direktoren festlegen. Es waere nicht auszuschliessen, dass in diesem Prozess die Zahl der @L Direktoren auf 0 sinkt, da deren Wahlperiode ablaeuft. (wie gestern kurz beschrieben) Hier gab es starke Widerspruch, eigentlich war jeder der ca. 20 Kommentare aus dem Podium negativ, wohl auch weil es der allgemeinen Auffassung von einem 50% demokratisch besetztem Bord widersprach. Andrew McLaughin zog sich auf die Position zurueck, dass die Vorgabe von Kairo ausgegangen sei (wo die Details nicht spezifiziert wurden), fand damit aber keinen Zuspruch. Wilkinson, der Vertreter der EU im ICANN GAC (Mr '.eu'), kritisierte die geplanten Aenderungen scharf. Indirekt warnte er ICANN davor, die Interessen der Nutzer zu stark einzuschraenken, da ICANN dann nicht mehr die Akzeptanz der Regierungen finden wuerde (dazu muss man sagen, dass sich Wilkinson auch immer gegen direkte, demokratische Wahl der Direktoren ausgesprochen hat). Kritische Stimmen kamen auch aus der Membership implementation task force (unter anderem von mir), die schliesslich erklaeren muesste, dass das, was sie im allgemeinen verbreitet hat, nicht mehr so ganz richtig waere. Meiner Meinung nach erreicht ICANN eh das Gegenteil vom geplanten: Je ungenauer sie sich zu demokratischen Elementen bekennen, umso leichter ist es fuer einen radikal demokratischen Kandidaten, Stimmen zu sammeln (was ich persoenlich gar nicht schlecht faende). Am Ende sprach sich Esther Dyson explizit dafuer aus, die Notwendigkeit von neun @Large Direktoren staerker zu betonen. Bei der Definition der geographischen Regionen fuer die Wahl (5) gab es Widerspruch: Soll der Mittlere Osten zusammengefasst werden? Und dann Afrika oder Asien zugesprochen werden? Ein afrikanischer Vertreter sprach sich gegen die Afrika-Loesung aus. Der Sprecher des GAC schlug vor, eine Liste der UN zu nutzen, um keine politsche Debatte zu starten. 9. ccTLDs Stabile Beziehungen zu den Registraren sind Teil der Bedingungen, die ICANN vom US Department of Commerce vorgegeben wurden. ICANN versucht nun laut Staff, eine 'flexible Konstruktion' dafuer zu erarbeiten. Dabei geht es darum, dass sich die ccRegistrare weigern, Rechnungen von ICANN zu bezahlen, da sie damit ihrer Meinung nach akzeptieren wuerden, dass ICANN die Registrare im Prinzip beliebig zur Kasse bitten kann. Dementsprechend gaben die ccTLD-Vertreter einige laengere negative Bemerkungen ueber die Details der ICANN-Funding-Vorschlaege ab. Trotzdem wurde klar, dass eine Loesung gefunden werden muss, da sonst die Regierungen unruhig werden. Kommentar Dyson: 'There is work to be done.' Es gab in der Diskussion auch einzelne unzufriedene Stimmen ueber Redeligierungs-Probleme (Gambia), ICANN gab zu, dass das warten auf Problemloesung lange Zeit in Anspruch nehmen kann. Danach wurde noch kurz die @Large-Debatte aufgegriffen. Die Regierungsvertreter von Canada und Argentitien unterstuetzten die Haltung von Wilkinson. Die PR von ICANN wurde kritisiert. So weit vom Tag des offenen Bords. Morgen wird sich dann zeigen, inwieweit das Bord die vielen Vorschlaege und Kommentare in seinen Entscheidungen beruecksichtigen wird. Euer Mann in Yokohama, --iliya (Verschickt Montag, 17. Juli) -- ICANN - now you can, too! http://members.icann.org Date: Mon, 17 Jul 2000 09:16:16 +0200 (METDST) From: Iliya Nickelt-Czycykowski To: interpol / vov.de Subject: ICANN 4: Ruhe nach dem Sturm Lieber VOV, am vierten Tag, Sonntag dem 16., fand die eigentliche Sitzung des Board of Directors statt. Hier werden nun die Beschluesse wirklich gefaellt, die die/der eine oder andere vielleicht schon in der Presse gefunden hat (u. a. nachdem ich der FAZ-Journalistin ihr Modem eingerichtet habe, eine eher unkonventionelle Form der Pressearbeit. :-) ) Die Sitzung ist oeffentlich, aber abgesehen von gelegentlichem Applaus gab es keine Teilnahmemoeglichkeit des 'floor'. 1. Neue gTLDs Die verabschiedete Resolution sieht folgenden Zeitplan vor: bis 1.8. Vorschlaege 1.10. Deadline fuer die Angebote 15.10 Oeffentliche Kommentare 20.11. Bekanntgabe der Ergebnisse (nach einer weiteren Board Tagung) 31.12. Abschluss der Verhandlungen bald danach Freigabe Eine Bewerbung (!) um die Registratur einer neuen gTLD wird $50.000 kosten, darunter ist nicht nur der Vorschlag fuer den Namen, sondern auch die dataillerte technische Realisiertung als Registrar, (Ausfall-)Sicherheit, Copyright-Schutz, Einschraenkungen (z. B. '.eu') etc. zu verstehen. Der ICANN-Praesident wurde autorisiert, ausfuehrlichere Richtlinien der Anforderungen zu erarbeiten. Damit soll auch sichergestellt werden, dass es Wettbewerb gibt, wie die DNS-erweiterunge realisiert werden, wie die Regeln fuer eingeschraenkte TLDs aussehen sollen, etc. Das Board wollte nicht zu viel deligieren. Speziell Esther Dyson (vor der ich spaetestens jetzt ein extrem hohes Ansehen habe) wies auf die 'diversity', also eine notwendige inhomogene Struktur der neuen gTLDs hin (also nicht nur kommerzielle). Nachdem kaum jemand darauf einging, wurde sie etwas spezifischer: Sie faende es gut, wenn die Zahl der neuen TLDs in der ersten Runde etwa bei 10 laege, und nicht bei 3 (wobei sie diese magische Zahl in die Runde warf, als waere sie jedem bekannt). Der Staff fand 10 also zu hoch, um es mit akzeptablen Arbeitsaufwand in der ersten Runde zu realisieren. Danach wurde wild mit Zahlen um sich geworfen: Zunaechst 10 (Avil i Avil, traurig ueber das niedrige Niveau der Debatte und die lange Delegation der Datails von Board zu DNSO zu Arbeitsgruppe C, dann zurueck, ignoriert von Names Council und ungenau wieder an das Board gegeben, dann wieder an den Staff weitergeleitet). Dann sanken die Zahlen 8-6 und 4-6, irgendwo bei 6 pendelte es sich dann ein. Weitere Probleme, die kurz angerissen wurden, waren das Vorgehen im Fall der Pleite eines Registrars, die Moeglichkeit, den Preis hoeher zu setzen oder die Alternative einer Auktion (irgendwer hatte auf dem Enmpfang Sonnabend abend auchd en Vorschlag gemacht, ICANN koenne alle Finanzprobleme loesen, wenn sie die einzelbuchstaben versteigerten, also 'a.com' etc.). Dann wurde wieder angebracht, dass der ambitionierte Kalender eine kleine Nummer erzwinge. Die ISPs plaedierten fuer 'Qualitaet, nicht Quantitaet!', aber zumindest bei der oeffentlichen Board-Debatte hatten sie keine so guten Karten (die finanziellen Interessen hinter einer geringen Zahl hatte ich bereits mehrfach erwaehnt). 2. @Large Wahlen Aufgrund der Befuerchtungen der 'community', die offenbar klar angekommen sind, wurde der urspruengliche Vorschlag der den Wegfall der 9 @L-Direktoren nicht ausschloss, abgemildert: Jetzt wird klar gemacht, dass es 9@L-Direktoren weiterhin geben wird. Allerdings werden von diesen nur 5 gewaehlt, die anderen bestehen aus 'alten' Direktoren aus der Entstehungszeit, die 'man' (dh. das Board) bitten wird dabeizubleiben. Nach meiner Auffassung tragen sie den Titel '@Large' damit nicht zu Recht, es bleiben aber auf die guten Absichten zu hoffen, vermutlich werden sie fuer diese Positionen die eher kritischen Direktoren auswaehlen (z.B. Esther Dyson?). Die Studie, die die erste Wahl beurteilen soll, wurde spezifiziert: Sie soll die Zahl der gewaehlten Direktoren empfehlen, deren 'Rolle' und den Wahlvorgang (es gab ja urspruenglich vor Kairo den Vorschlag, eine Art Parlament, den 'names council' zu waehlen, der dann die Direktoren waehlt). Die Rolle der @LArge-membership soll auch untersucht werden (dh. eventl. ausgebaut?) Es gab etwas Diskussion ob die lange Amtszeit der 4 Direktoren bis 2002 nicht der Satzung widerspricht. Dem Staff ging es als Antwort dabei darum, die Intention zu zeigen, dass diese Sitze sicher sind. Verteidigt wurde das auch mit dem 'institutionellen Gedaechnis', d.h. mit dem Erfahrungsvorteil, den die Langzeitmitlglieder in dem (zugegeben) komplizierten Feld mitbraechten. Nach der Zustimmung (wie notwendig einstimmig) gab Abil i Avil noch seine spezifische Ablehnung dieser lange Wahlperiode zu Protokoll. Der Wahlprozess wurde dann spezifiziert: Die Anforderungen an Kandidaten (Hintergrund informationen, ein kurzes Statement) wurden festgelegt. Eine laengere Diskussion gab es darueber, ob Investitionen und Beziehungen zu Unternehmen oeffentlich gemacht werden sollten (ueberraschenderweise ueberwog die Abneigung...). Der ICANN staff wies darauf hin, dass es darum ginge, was die community ueber die Kandidaten wissen muesse, die Offenlegung gegenueber dem Board ist teilweise sowieso vorgegeben. (Esther Dyson gibt uebrigens immer an, wenn sie ueber eine Firma spricht, ob sie darin inversiert hat). Die Diskussion war ziemlich lang und verlief irgendwann im Sande. Dann gab es Diskussion uber die Wahlmodalitaeten: Wieviele Kandidaten? Geographische Regionen? Untergrenze 10% oder 2% an Unterstuetzung aus der Region (um als Kandidat zugelassen zu werden)? Am Ende sah das Ergebnis aus: - Es soll etwa 30-40 Kandidaten insgesamt geben - Das macht 7 pro Region, kombiniert aus Kandidaten vom Nominierungskommittee (die keine weitere Unterstuetzung brauchen) und den oeffentlich nominierten und unterstuetzten Kandidaten. - Die Mindestgrenze an Unterstuetzung betraegt 2% aller Mitglieder einer Region (oder 200 Mitglieder wenn diese Zahl hoeher ist) Es gab dann laengere Diskussion ueber die Probleme bei einem Gleichstand an Unterstuetzer-Stimmen (beide werden jetzt zugelassen) und ob jeder 'member' nur eine Stimme zur Unterstuetzung haben soll oder mehrere. Da dann etwas schriftliche Ausarbeitung noetig wurde, ging man weiter zu 3. Verschiedenes Es wird weiterer Bueroraum angemiet werden und die Organisation der Buchpruefung wurde angenommen. Die Aenderung der Root-Server (zu einem primary, auf den nur die anderen RS Zugriff haben) wurde angenommen. Vorher muss das Board aber noch mal dem detaillierten technischen Plan befuerworten. Die geographischen Regionen werden nach der Liste der UN, Abteilung fuer Statistik vom 16.2.2000 definiert. Abgelegene Gebiete (z. B. Guardeloupe) werden daher mit den Laendern (hier Frankreich) zusammengelegt. Diese Regelung soll von Zeit zu Zeit ueberprueft werden. Es folgten die Vorstellungen uber die Wahlsoftware und technische Probleme bei der Mitglieder-Anmeldung. Das System muss ca. 100.000 Waehler in 10 Tagen abhandeln koennen Fuer die Mitglieder-Registrierung gibt es eine $100.000 (0?) Spende von Markle, deswegen ist diese auch umsonst. Der Server 'members.icann.org' war fuer 100, maximal 500 Benutzer pro Tag ausgelegt, sieht zur Zeit aber eher 2000 pro Tag. Dementsprechend gibt es grosse Probleme mit den individuell generierten Seiten. Die technischen Hintergruende wurden diskutiert, aber es wird erstmal so bleiben, da die Anmeldezeit am 31. Juli erstmal auslaueft (also haltet euch ran!). Immerhin gibt es seit heute (17.) eine Warnmeldung auf den Mitglieder-Seiten, wenn es nicht funktioniert, also spaeter nochmal versuchen (moeglichst nicht zu japanischer oder US Hochzeit). Es gibt verschiedene Bewerbungen um ein verbessertes System, das aber mit etwa US$ 250.000 zu Buche schlagen wird. Die Statistiken belaufen sich auf 42.000 verifizierte Mitglieder, bei denen also Dopplungen und offensichtliche Fehler getestet wurden, etwa 50.000 stehen noch in der Warteschlange zur Verifizierung(!), so dass mit insgesamt 90-100.000 Mitgliedern gerechnet werden kann. Japan ist extrem davongezogen, fuehrt mit z. Zt. 15.000 Anmeldungen weit vor USA, da aber eine grosse Zahl dieser Anmeldungen ueber Mobiltelefon-Email gesammelt wurde (Kettenbriefe, Anzeigenkampagnen, auch der Nationalstolz eine Ministers spielten hier geruechteweise eine Rolle), gehe ich persoenlich von einem nur geringen Anteil aktiver Waehler aus (hat hier jemand VOV gesagt?) 4. @Large II Kurz wurden noch einige Details besprochen: Die Wahl'propaganda' wird ueber Kandidaten-Homepages mit angeschlossenem Forum realisiert, die Wahl soll von 'Individuen' (nicht zuletzt Direktoren) ueberwacht werden, also ob das System laeuft und es offensichtliche Betrugsversuche gibt. Zum Abschluss wurden noch Becky Burr vom Department of commerce und der Host (JP-Nic) gelobt, und die sichtlich erschoepften Board members bekamen bis zum November frei. (Naja, natuerlich gibt es dazwischen Telefonkonferenzen). So viel zum Tag der -im allgemeinen doch sehr kompromisshaften- Entscheidungen, von --iliya -- ICANN - now you can, too! http://members.icann.org Date: Mon, 17 Jul 2000 09:18:47 +0200 (METDST) From: Iliya Nickelt-Czycykowski To: interpol / vov.de Subject: ICANN 5: Abschlussbericht ICANN - Yokohama - Tagung Juli 2000 -.-.-.-.-.- Abschlussbericht -.-.-.-.-.- Zunaechst zum VOV: Ich halte die NCDNHC fuer einen geeignete Gruppierung fuer den VOV, wenn er seine Ansichten in die internationale Internetpolitik einbringen moechte. Die NCDNHC wird zur Zeit im wesentlichen von US-Menschenrechtsgruppierungen vertreten, die manchmal etwas anderen europaeischen Ansichten, z. B. in Hinsicht auf Regierungen, hatten -zumindest bei diesem Treffen- wenig Gewicht. Die NCDNHC hat bei ICANN eine ziemliche Aussenseiterrolle, da sie eine der Institutionen ist, die offen gegen reine Wirtschaftsinteressen und fuer Nutzerinteressen eintritt. Auch wenn das ICANN Board of Directors zum grossen Teil aus vernuenftigen Leuten besteht, ist es doch wichtig, dass diese Stimme laut ist. Sollten wir demnaechst Mitglied werden (und sollte sich natuerlich kein Widerspruch im VOV dagegen regen), dann koennen wir in Zukunft unsere Ansichten ueber die ICANN-Arbeit oder Visionen ueber die internationale Internet-Politik verabschieden, die wir dann im NCDNHC zur Abstimmung stellen oder in deren andere Resolutionen eingliedern koennen. Natuerlich muss dabei der Fokus auf der Domainnamen-Problemen liegen. Ausserdem sollten wir die Position des Repraesentanten offiziell in einer Wahl ausgeschreiben (sobald Resolutionen und Wahlen Sinn machen... seufz). Zu ICANN: Die beiden wesentlichen Entscheidungen dieser Versammlung waren sicherlich: - die Festlegung der Details der @Large Wahlen und die Bestaetigung der 9 @Large-Direktoren, auch wenn davon nur 5 gewaehlt werden. Damit wird in jeder Hinsicht Neuland betreten; - darueber hinaus wird es endlich neue gTLDs geben, und zwar etwa in einem halben Jahr. Ich gehe von etwa sechs aus, und '.eu' wird vermutlich darunter sein. Fuer eine 'open doors' und 'bottom up' Organisation geht bei ICANN doch offensichtlich eine Menge im Hinterzimmer vor. Auch wenn der Einfluss der eher technischen Aufgaben gerne ueberschaetzt wird ('die Internet-Regierung'), geht es hier um sehr grundlegende Entscheidungen, die wenig oeffentliche Aufmerksamkeit finden, zumal die Materie unglaublich kompliziert ist. Hier ist mehr Oeffentlichkeitsarbeit und Bewustseinsbildung notwendig. Weiterhin handelt es sich um ein spannendes Experiment in internationaler Demokratie: Wird eine unueberschaubare, internationale Organisation so bessere Legitimation und groesseres Interesse finden? Kann das Konzept kopiert werden? Wie sollen Online-Wahlen im grossen Stil aussehen? Wie wird die Qualitaet der gewaehlten Direktoren sein, dh. wie gut wird das demokratische Konzept funktionieren? Ich hoffe, dass positive Erfahrungen hier wichtige Anstoesse fuer die Gesellschaft des 21. Jahrhunder geben werden. Konkret sollten wir -ausser diesem- folgendes ueberlegen: - Sollen die Regierungen (und Deutschland) ICANN finanziell unterstuetzen? Immerhin entstehen viele von ICANNs Problemen aus Geldknappheit und Abhaengigkeit von Zahlungen der (Internet-) Wirtschaft. - Wie sieht eine deutsche / europaeische Position zu ICANN aus? Wollen wir eine Angliederung an die UN? Ist nicht eine Regierungsorganisation die einzige legitimierte Insitution fuer ICANN? Aber kann eine Regierungsorganisation die notwendige Qualifikation und Entscheidungsfreudigkeit aufbringen? - Ausschlaggebend fuer viele Entscheidungen sind US Mitarbeiter, das US-Handelsministerium und US-Oeffentlichkeit. ICANN ist eine Non-Profit-Cooperation nach kalifornischem Recht. Ist das akzeptabel oder wird es sich ganz von selbst regulieren? - Es wird in den naechsten Jahren sehr viele gTLDs geben. Welche wollen wir sehen (.union, .pol, ...)? Abschlussbemerkungen Die Technik bei der Tagung, organisiert vom Berkmann Center der Harvard Law School, ist unbedingt sehenswert. Es gibt zwei grosse Video-Projektoren, auf dem einen sind die Notizen des 'scribes' zu verfolgen, so dass bei Diskussionen schnell etwas zurueckliegende Positionen und Formulierungen abgerufen werden koennen. Wenn man ausserdem kurzzeitig den Faden verloren hat, kann man sich dort orientieren. Der zweite Videoprojektor zeigt aktuelle Dokumente, z. B. die diskutierte Resolution (jew. die aktuelle Fassung), die Tagesordnung etc. Auf Bedarf wird darauf sehr schnell im Internet recherchiert, wenn bestimmte Informationen fehlen (z. B. die aktuelle Liste der Regionen nach UN-Definition). Diese Moeglichkeiten sind fuer jeden Parteitag zu empfehlen. Etwa 80% der anwesenden hatten ein Notebook auf den Knieen, Netzwerk gabs am Platz. Naja, bis das auf einem Parteitag sinnvoll wird, gehen noch viele Vorsitzende den Bach runter (oder ging das irgendwie anders?) Ich denke, dass sich zumindest die parteinahen Stiftungen aufraffen sollten, einigen Stipendanten die Teilnahme an den ICANN-Tagungen zu finanzieren, denn anders kann man keinen Ueberblick bekommen. Weitere Vorschlaege fuer Geldquellen? Die Texte sind voll von Abkuerzungen und Englisch. Es geht einfach nicht anders, ich kann hier kein Buch schreiben. Man findet fast alle irgendwo erklaert unter http://www.icann.org. Es ist auch anzunehmen, dass sich einige (inhaltliche) Fehler eingeschlichen haben, einfach weil es so viele Notizen und ca. 40 Stunden Kongress waren. Keine Absicht. Multimedia-Archive der Tagung (und der vorangegangenen) gibt es unter http://cyber.law.harvard.edu/icann/yokohama/archive/ Ich werde die Berichte -gekuerzt um einige Hintergrundbemerkungen- demnaechst auch der deutschen 'community' zugaenglich machen, als MITF-Mitglied. Kommentare? Schreibt mal was! Zu guter letzt: ////////////////////////////////////\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\ Noch 10 Tage! Werdet Mitglied: http://members.icann.org Verbreitet das Wort! \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\////////////////////////////////////// Ein letztes sayonara, --iliya -- ICANN - now you can, too! http://members.icann.org